Schweißausbrüche, plötzliche Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen – stellen Beschwerden wie diese auch Ihr Leben auf den Kopf? Dann könnten dies Anzeichen für die Wechseljahre sein. Gesundheitsexpertin Prof. Dr. Michaela Döll erklärt in unserem Interview unter anderem, wie sich diese herausfordernde Lebensphase bestmöglich meistern lässt, wie sich die Hormone im Wechsel verändern und welche Alternativen es zur Hormonersatztherapie gibt.
Fast die Hälfte der Frauen zwischen 45 und 55 Jahren hat Wechseljahresbeschwerden. Viele davon vermuten anfangs gar nicht, dass sie sich bereits im Klimakterium (=Wechsel) befinden und führen Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Stimmungstiefs oder auch Schlafprobleme auf Stress im Beruf oder auf die Dreifachbelastung aus Arbeit, Familie und Haushalt zurück. Tatsache ist, dass erste Begleiterscheinungen der Wechseljahre bereits bei vielen Frauen ab 45 auftreten – auch, wenn die Monatsblutung noch nicht endgültig ausgeblieben ist.
Tabuthema Wechseljahre
Viele Betroffene hadern anfangs mit sich und sprechen aus Scham nicht einmal mit dem Partner über die Beschwerden – häufig wird auch der Hausarzt zum Tabuthema „Wechsel“ nicht befragt und die Frauen leiden still weiter. Dabei ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass es sich um einen völlig natürlichen Prozess und keine Krankheit oder ähnliches handelt.
Gerade wer frühzeitig etwas gegen die Wechseljahressymptome unternimmt, hat höhere Chancen, den Lebensabschnitt beschwerdefrei zu erleben.
Wie entstehen Wechseljahresbeschwerden?
Da es im Zuge des Klimakteriums zu einer Veränderung des weiblichen Hormonhaushalts kommt, fällt der Östrogenspiegel. Diese wichtigen Botenstoffe sind nicht nur z. B. für die Fortpflanzung mitverantwortlich, sondern beeinflussen u.a. auch das Temperaturzentrum im Gehirn.
Dadurch reagiert der Körper schneller auf Temperaturschwankungen und es können Beschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche auftreten: Wenn es nachts unter der Bettdecke kuschelig warm ist, schaltet der Körper schneller als sonst auf Kühlung und man wacht schließlich schweißgebadet auf.
Pflanzliche Alternative oder Hormone?
Gerade zu Beginn ist der „Wechsel“ ohnehin für viele Betroffene eine Zeit der Unsicherheit. Zudem ist vielen Frauen nicht klar, welche Unterstützung für sie in den Wechseljahren die beste ist. Immer mehr (aktuell etwa 40 %) setzen zunächst auf eine sanfte, pflanzliche Lösung, um sich nicht gleich eine Hormonersatztherapie verschreiben zu lassen. Da diese gerade für Frauen, die lange hormonell verhütet haben, immer mit einigen Risiken verbunden ist, ist diese Entscheidung in der Tat nachvollziehbar.
Isoflavone in den Wechseljahren
In der Apotheke werden bei leichten und mittleren Wechselbeschwerden gerne Isoflavone als pflanzliche Alternative empfohlen, die dem in den Eierstöcken gebildeten Östrogen sehr ähnlich sind. So können sie den Hormonmangel, der in der Menopause auftritt, ausgleichen, ohne selbst Hormone zu sein. Isoflavone kommen im heimischen Rotklee, aber auch in Soja und Miso besonders konzentriert vor. Zahlreiche Studien bestätigen, dass in Ländern wie beispielsweise Asien, in denen traditionell viel Soja gegessen wird, Frauen kaum Wechselbeschwerden wie Hitzewallungen haben. In den sogenannten S3-Leitlinien, der wichtigsten Entscheidungshilfe für Ärzte im deutschsprachigen Raum, werden Isoflavone bei Hitzewallungen ebenfalls empfohlen. Da sie hormonfrei und aus diesem Grund bestens verträglich sind, können sie über einen längeren Zeitraum bedenkenlos gegen Wechseljahresbeschwerden eingenommen werden. Darüber hinaus unterstützen sie die weibliche Balance (etwa bei Stimmungsschwankungen), ohne störend in den Hormonhaushalt des weiblichen Körpers einzugreifen.
Frau Prof. Dr. Döll, wie erkenne ich, dass ich in den Wechseljahren bin?
Prof. Dr. Döll: Bei uns Frauen lässt irgendwann die Regelmäßigkeit der Monatsblutung nach, sie kommt unregelmäßiger, bleibt auch mal aus oder verändert sich beispielsweise auch in der Stärke. Das ist im Allgemeinen um das 51. Lebensjahr herum. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es auch Frauen gibt, die schon deutlich früher in die Wechseljahre kommen, beispielsweise ab dem 40. Lebensjahr. Dann können sich auch erste Wechseljahressymptome wie beispielsweise Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen einstellen. Am besten lässt man das beim Gynäkologen hormonell untersuchen.
Treffen die Wechseljahre alle Frauen oder besteht die Hoffnung, dass sie an einem vorbeigehen?
Prof. Dr. Döll: Das ist höchst unterschiedlich. Es gibt sehr viele Wechseljahressymptome, Leitsymptome sind Hitzewallungen, Schweißausbrüche oder auch Schlafstörungen und wie bereits erwähnt Stimmungsschwankungen. Etwa ein Drittel aller Frauen ist in diesen Lebensjahren beschwerdefrei. Ein Drittel hat moderate Beschwerden und ein Drittel der betroffenen Frauen haben einen hohen Leidensdruck und massive Beschwerden.
Sie haben vorher schon unsere Hormone angesprochen. Welche Rolle spielen sie denn in dieser Situation?
Prof. Dr. Döll: Die Hormone werden im Zuge der Wechseljahresbeschwerden in verminderter Konzentration vom Körper gebildet, wir sprechen hier über die Östrogene und die Gestagene, die viele wichtige Funktionen in unserem Körper ausüben. Sie sind zum Beispiel für die Temperaturregulierung zuständig, aber auch für den gesunden Schlaf mitverantwortlich. Wenn die körpereigene Produktion nachlässt, können sich auch entsprechende Beschwerden einstellen.
Was viele oft übersehen: die Wechseljahre haben auch Vorteile! Wir müssen nicht mehr an Verhütung denken oder daran, dass unsere Periode zu ungünstigen Zeitpunkten einsetzt. Das sehen wir aber oft nicht, weil ja diese unangenehmen Begleiterscheinungen da sind. Was kann man machen, um die Wechseljahre angenehmer zu gestalten?
Prof. Dr. Döll: Klassischer Weise wird hier die Hormonersatztherapie empfohlen. Die Idee dahinter ist nachvollziehbar: der Körper bildet weniger Hormone und so kann man die fehlenden Hormone ersetzen. Allerdings ist diese Hormonersatztherapie nicht unumstritten, da sie auch eine Reihe an Nebenwirkungen mit sich bringen kann. Viele Frauen, die lange Hormone zur Verhütung genommen haben wünschen sich dann eine sanfte Alternative, etwas Pflanzliches, das besser verträglich ist und keine Nebenwirkungen mit sich bringt, wie das bei der Hormonersatztherapie der Fall ist.
Welche pflanzlichen Alternativen gibt es?
Prof. Dr. Döll: Es gibt eine Reihe von Pflanzen, die in der Lage sind, hormonartige Strukturen zu bilden, ohne selbst Hormone zu sein. Bekannt und sehr gut untersucht sind beispielsweise die Isoflavone. Die finden wir in Soja und in sojahaltigen Lebensmitteln wie Tofu oder Miso. Die Sojakost ist auch die traditionelle Kost bei den Asiatinnen, wo man den Begriff „Wechseljahresbeschwerden“ gar nicht kennt. Das ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Frauen dort mehr von den hormonartigen Pflanzen zu sich nehmen.
Bei Pflanzen denkt man oft, dass es sich dabei um etwas Sanftes, aber auch um etwas Mildes handelt. Wie sieht es mit der Wirksamkeit von Isoflavonen aus?
Prof. Dr. Döll: Die Wirksamkeit ist bei den Isoflavonen in zahlreichen Studien untersucht, sie gelten als die am besten untersuchten Phytoöstrogene (so lautet der Fachbegriff für diese Pflanzenstrukturen). Es gibt über 20.000 Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit der Isoflavone und man kann sagen, die Isoflavone sind wirkungsvoll, aber eben gut verträglich und daher sehr sicher.
Sie haben bereits den Tofu erwähnt. Gibt es noch andere Bereiche in der Natur, wo wir die Isoflavone wiederfinden?
Prof. Dr. Döll: Ja, es gibt heimische Pflanzen, die auch reich an Isoflavonen sind, wie beispielsweise den Rotklee. Aus dem Bereich der Ernährung ist außerdem der Leinsamen erwähnenswert, der ebenfalls interessante bioaktive Pflanzeninhaltstoffe beinhaltet, die auf den körpereigenen Hormonhaushalt einwirken können. Außerdem ist der Leinsamen auch gut für die Verdauung.
Tofu und Leinsamen kann man ja einfach in die Ernährung integrieren – Rotklee weniger…
Prof. Dr. Döll: Rotklee wird in Form von qualitativ hochwertigen Extrakten in Tablettenform angeboten. Hier ist eine gute Beratung in der Apotheke aber auf jeden Fall sinnvoll.
Die Wechseljahre dauern – wie es der Name schon sagt – mehrere Jahre. Wie lange können Isoflavone eingenommen werden?
Prof. Dr. Döll: Auch in diesem Bereich gibt es eine ganze Reihe von guten Daten aus der Wissenschaft, die aufzeigen, dass man Isoflavone durchaus langfristig anwenden kann, auch über mehrere Jahre…
Haben Sie sonst noch Tipps für uns, was man gegen diese Wechselbeschwerden machen kann?
Prof. Dr. Döll: Man kann natürlich darauf achten, dass man mehr Bewegung in den Alltag einbaut, das hilft immer! Und man sollte auch auf eine abwechslungsreiche Ernährung achten, die dann vielleicht von diesen pflanzlichen Strukturen mehr für den Körper bietet oder zum Beispiel ein Kühlpad unter das Kopfkissen legen, um sich dadurch auch Linderung zu verschaffen.
Das waren wirklich sehr interessante Tipps! Vielen Dank für dieses interessante Gespräch!
Prof. Dr. Döll: Sehr gerne!